Von Erdbeeren und Synthesizern 

Sonntag. Es ist schwül, aber die Sonne scheint. Ich streiche endlich unsere Balkonmöbel. Die Witterung auf Æblerø hat dafür gesorgt, dass die bequemen Holzstühle mal wieder einen Anstrich nötig hatten. Also stehe ich im Innenhof, der Herzallerliebste hat mir eine Plane ausgebreitet, auf der die Stühle stehen, und ich schwinge den Pinsel und schwitze vor mich hin. Die bessere Hälfte schwitzt solidarisch mit und hämmert, sägt und bohrt in der angrenzenden Garage. Und so arbeiten wir eine Zeitlang nebeneinander her. Irgendwann fange ich an, vor mich hinzusummen – das Streichen scheint denselben Effekt auf mich zu haben, wie mein Yoga-Castle. Und während ich den Pinsel schwinge, wird aus dem Summen ein Singen. Mit ausgestrecktem Arm, in einer Hand den Borstenpinsel, rufe ich in Richtung Garage: „Reach out, touch faith!“ 

Armlehne angemalt! Schwungvoll, selbstverständlich.

Meine bessere Hälfte grinst und ich summe weiter:

All I ever wanted, 

All I ever needed

Is here in my arms

Words are very unnecessary

They can only do harm

Dave Gahan wäre stolz auf mich gewesen! In großen Pinselposen hüpfe ich um die Stühle herum, drehe mich mit ausgebreiteten Armen und singe ein wahres Depeche Mode-Medley. Zugegeben – nicht so laut wie in der Küche oder im Auto, aber dennoch. 

People are people…

In meinem Kopf spielt schönster Synthesizer-Pop auf. Kein Orchester, keine Kammermusik – nein: feinste Synthesizer. 

Und dann plötzlich sind die Stühle fertig gestrichen, der Vorhang senkt sich wieder, ich gehe verschwitzt von der Bühne. Das Bühnenoutfit mit Farbe bekleckert, die Frisur – saß mal…

Doch was jetzt? Mir steht nicht der Sinn nach Hotelzimmer verwüsten oder synthetische Dinge durch die Venen schießen. 

Ich brauche Erdbeer-Endorphine in Rein- und in Marmeladenform. Und während ich die selbstgepflückten drei Kilo klein schneide, jeweils ein Kilo mit einem Kilo Gelierzucker 1:1 mische, alles aufkoche bis es geliert und anschließend mit meiner besseren Hälfte herrlichste Erdbeermarmelade in Gläser abfülle, bin ich voller Vorfreude auf den nächsten Tag.


Einer meiner Wünsche geht in Erfüllung: Ich gehe auf ein Depeche Mode-Konzert. 

Frontmann Dave Gahan kann um einiges besser eine Bühnenshow abliefern, als ich bei 30 Grad pinselschwingend im Innenhof.

Die „olle Kombo“, die bewusst auf viel Schnick-Schnack verzichtet und nicht jedes ihrer Lieder langatmig vorstellt, haut 32.000 Leute aus den Latschen. Okay, vielleicht 31.999, denn auf dem Weg zurück zum Auto nach dem Konzert beschwert sich doch tatsächlich jemand in der Straßenbahn über die „alten Säcke auf der Bühne“. Wir blicken uns an und in fassungslose Gesichter, bis ein Schrank von einem Mann aufsteht und den Nörgler zum Schweigen bringt: „Ich weiß ja nicht, wo Du warst,“ sagt er, „aber ich war aufm sehr geilen Konzert!“

Dem – verehrtes Publikum – ist nichts hinzuzufügen!

Herzlichst, Euer sehr glückliches und immer noch von Musik erfülltes Frøken Fluesvamp 🍄🤘

9 Kommentare zu „Von Erdbeeren und Synthesizern 

  1. Soviel Erdbeermarmelade und alles selber gesammelt! ❤ Großartig.
    Liebes Fräulein, Bei deiner Streicherei musste ich ja direkt an Oliver Twist denken, nur dass dieser ja ungleich fauler war als du! Ein schönes Bild, dich summend, zerzaust und mit Farbe bekleckert vor mir zu sehen, Mamma mia! ^^
    – Der Mann-Schrank hätte sich ja ein Gläschen Marmelade verdient. Gibt schon komische Menschen, die immer was zu nörgeln haben. Wünschen wir dem armen Mann, dass er das nächste Mal bei Justin Bieber landet. da hat er dann mal richtig was zu meckern. 😉

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    1. 😂😂Und zur Strafe für Deine ewige Nörgelei musst Du auf ein Justin Bieber-Konzert😂😂
      Die Erdbeermarmelade ist – mit Verlaub – wirklich köstlich geworden. Wir haben die Sorte Hanoi gepflückt. Der Landwirt sagte uns, dass die Sorte eher säuerlich ist und die Frucht schön fest. Daher eignet sie sich gut zum Marmeladekochen. Olaf hat die süßen gepflückt, Sorte Corona. Die landeten dann im Milchshake. 😋
      Ich überlege, wann ich zur Plantage fahre, bei der ich letztes Jahr Himbeeren und Johannisbeeren gepflückt habe…obwohl mir schon zwei Freundinnen angeboten haben, ihre Sträucher zu plündern…
      Ist das nicht herrlich?!

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      1. Das ist absolut herrlich, liebes Fräulein. 🙂 Ich finde selber pflücken erdet einen irgendwie und ist höchst meditativ, wenn man sich darauf einlässt und die gute Luft gibt es gratis dazu. Es ist unglaublich wie viele Erdbeer-Sorten es gibt. Unsere sind leider schon wieder vorbei. Dabei waren sie dieses Jahr besonders köstlich und zuckersüß. Nun ja, dafür gibt es ja jetzt andere schöne Sachen. Himbeeren bauen wir auch an aber eine private Quelle hätte ich auch gern. Da gibt es die bestimmt die nette Schnackerei und den guten Kaffee gratis dazu 😀 du Glückliche. 😉
        Hab iene schöne Woche. Ich denk an dich und „Gut Pflück!“. 🙂
        Schenny

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